AP/ Osteoidose (Osteomalazie) und Osteoporose

Diagnose
Osteoidose (Osteomalazie) und Osteoporose
Diagnose Gruppe
Systemerkrankung/Immunpathologie
Differenzialdiagnose
Topographie Gruppe
Knochen, Knorpel, Gelenke
Topographie
Knochen, Wirbelsäule
Einleitung
Definition:
Die Osteomalazie ist eine Stoffwechselerkrankung des Knochens, bei der die neugebildete Knochenmatrix (= Osteoid) nicht oder nur unzureichend mineralisiert. Aufgrund des permanent stattfindenden Remodelings des Knochens resultiert eine Akkumulation von nicht-mineralisiertem Osteoid (= Osteoidose), das im Vergleich zu adäquat mineralisiertem Knochen mechanisch weniger stabil ist.

Aetiologie:
Gründe für eine inadäquate Mineralisierung sind ungenügende Zufuhr von Kalzium und Phosphat, ungenügende Mengen von zirkulierenden Vitamin D-Metaboliten, zu geringe Aktivität der alkalischen Phosphatase, abnormer pH Wert am Ort der Mineralisation und/oder eine gestörte Osteoblastenfunktion.

Morphologie:
Bei Vitamin D Mangel ist das Gesamtvolumen sowie die Menge des Osteoids auf der Oberfläche der Spongiosabälkchen vermehrt (Volumen- bzw. Oberflächenosteoidose). Wechselt das Angebot an Vitamin D, kann unmineralisiertes Osteoid auch von mineralisierter Matrix eingeschlossen werden (= begrabenes Osteoid (> 3517)). Verbreiterte Osteoidsäume können neben der Osteomalazie (bzw. der Rachitis im Kindesalter) auch bei Hyperparathyreoidismus, bei einer fibrösen Dysplasie oder bei schnell wachsenden knochenbildenden Tumoren beobachtet werden. Insbesondere bei metabolischer Ursache sind die histologischen Veränderungen häufig kombiniert mit Veränderungen einer Fibroosteoklasie, bei der es zu oft tunnelierenden osteoklastären Resorptionen des Knochens und konsekutiver Auffüllung mit einem gut vaskularisierten bindegewebigen Stroma kommt. Die radiologisch nachweisbaren Looser-Umbauzonen (benannt nach dem Schweizer Chirurgen E. Looser) entsprechen Arealen unvollständig durchgebauter Fissuren/Frakturen mit nicht mineralisiertem Faserknochen.
Durch eine Tetrazyklinmarkierung in zeitlich definiertem Abstand vor einer Knochenbiopsie kann die Mineralisationsdynamik abgeschätzt werden, da Tetrazykline bei der Mineralisation in den Knochen miteingebaut werden und im Fluoreszenzmikroskop identifiziert werden können.

Anmerkung:
Zur Unterscheidung einer Osteomalazie als Folge eines Vitamin D-Mangels, einer renalen Osteopathie oder eines primären Hyperparathyreoidismus ist der Pathologe auf folgende klinischen Zusatzinformationen angewiesen: Serum-Kalzium, Serum-Phosphat, Knochen-spezifische alkalische Phosphatase im Serum, Serum-Kreatinin, Parathormon im Serum, Vitamin D3 (Calcidiol) im Serum (= Vitamin D3 Speicherform), ß-Crosslaps im Serum (entsteht beim Kollagenabbau), Prokollagen I N-Telopeptid (PINP, entsteht beim Kollagenaufbau) im Serum, Risikofaktoren für Knochenstoffwechselstörungen (siehe Klinik).

update 5.9.2018
Klinik
Aetiologie:
Vitamin D Stoffwechselstörungen (z.B. durch unzureichende Vitamin D Versorgung bei verminderter Sonnenexposition oder deutlich seltener durch angeborene Enzymdefekte) führen innerhalb der ersten Lebensmonate zu den Symptomen einer Rachitis. Die Osteomalazie im Erwachsenenalter wird am häufigsten hervorgerufen durch Vitamin D Mangelzustände (verminderte Produktion in der Haut, alimentär, Malabsorption/Maldigestion, Medikamente, chronische Leber- und Nierenerkrankungen) oder Phosphatstoffwechselstörungen und Phosphatmangel (vererbt, medikamentös, renale Tubulopathie). Eine niedrige Kalziumaufnahme in der Nahrung begünstigt die Manifestation einer Osteomalazie.

Symptomatik:
Die Symptomatik ist sehr variabel, die diffusen und unspezifischen Beschwerden werden daher oft fehlinterpretiert. Die Patienten klagen über leichte Ermüdbarkeit, diffuse schwer lokalisierbare Knochenschmerzen besonders im Bereich von Thorax, Fersen, Wirbelsäule, Symphyse und Oberschenkeln. In schweren Fällen können auch Muskelschwäche (Vitamin D Mangel) mit Watschelgang und Knochenverformungen auftreten. Die Hypokalzämie äussert sich zusätzlich in perioralen oder akralen Parästhesien.

Diagnostik:
Die Laborbefunde variieren in Abhängigkeit von der Ursache. Meist finden sich Serumspiegel von Kalzium und Phosphat im unteren Normbereich und eine erhöhte Aktivität der (knochenspezifischen) alkalischen Phosphatase. Der Vitamin-D Mangel wird in der Regel mit der Bestimmung der 25-OH-D3 (= Calcidiol) Serumspiegel nachgewiesen. Der Parathormonspiegel ist bei sekundärem Hyperparathyreoidismus erhöht. Spezifische Veränderungen für eine Osteomalazie sind Looser-Umbauzonen (Pseudofrakturen) und verwaschene, milchglasartig veränderte Wirbelkörper (Renoir-Effekt). Die Mineralstruktur imponiert rarefiziert und die Kortikalisdicke ist vermindert. Im Bereich der Wirbelkörper verdichten sich die unter den Grund- und Deckplatten gelegenen Abschnitte infolge überschiessender intraspongiöser Kallusbildung (sog. Rugger-Jersey-Phänomen). Bei länger dauernder Osteomalazie kommt es durch die Erweichung des Knochens zu einer konkaven Verformung der Wirbelkörper (Fischwirbel). Die Skelettszintigraphie zeigt oft eine intensivere Anreicherung im gesamten Skelett und lokalisiert im Bereich der Pseudofrakturen. Dieser Befund kann in der Bildgebung leicht mit einer diffusen Skelettmetastasierung verwechselt werden.

Therapie:
Die Therapie richtet sich nach der Grundkrankheit – Vitamin D Mangelzustand, Vitamin D Hormonstoffwechselstörung oder renal tubuläre Funktionsstörung.

Prognose:
Unbehandelt verlaufen die Skelettveränderungen i.d.R. progredient und können zu einer vollständigen Immobilisation des Patienten führen. Einmal eingetretene Deformationen sind nur in geringem Mass rückbildungsfähig. Unter adäquater Therapie verschwinden die Symptome der Hypokalzämie und Myopathie innert weniger Wochen, die Knochenschmerzen können länger andauern. Serumwerte für Kalzium und Phosphat normalisieren sich in ein paar Wochen, die alkalische Phosphatase innert 3 bis 6 Monaten.

update 5.9.2018
Normalbefund
Morphologie
Morphologische Merkmale (Goldner Färbung):
  • Verbreiterte unmineralisierte Osteoidsäume (rot).
  • Reduzierte Menge von mineralisiertem spongiösem und kortikalem Knochen (grün).
  • Schmale, rarefizierte und nur geringgradig vernetzte Knochenbälkchen bei Osteoporose.
Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:
  • Frage nach Knochenstoffwechselstörung (erfordert spezielle Gewebsverarbeitung).
  • Kalzium-, Phosphat-, Vitamin D- und Parathormonspiegel.
  • Radiologischer Befund.
Makroskopie
Befund
Pathologischer Befund
Normalbefund
Datum
Ersteintrag: 15.03.2019
Update: 15.03.2019